Frische Milch direkt ab Hof, nur Stunden zuvor vom Bauer gemolken – kann es etwas Besseres und Gesünderes geben? In der Schweiz gibt es zahlreiche Milchwirtschaftsbetriebe, welche ihre Milch direkt an Konsumentinnen und Konsumenten verkaufen. Oft sind es Milchautomaten in Selbstbedienung, so dass man die Milch rund um die Uhr beziehen kann; in der Schweiz gibt es rund 500 solche Automaten.
Vorsicht bei Rohmilch
Aber was genau ist «frische Milch»? Je nach Hof kann das Rohmilch oder pasteurisierte bzw. ultrahocherhitzte Milch sein. Für Konsumenten ist es entscheidend, diesen Unterschied zu kennen, und deshalb müssen die Bauern auch klar deklarieren, wenn es sich um Rohmilch handelt. Denn Rohmilch kann krankheitserregende Mikroorganismen enthalten und muss deshalb vor der Konsumation abgekocht werden (Erhitzung auf mindestens 70 Grad Celsius). Schwangere sowie Personen mit einem geschwächten Immunsystem sollten generell auf Rohmilch verzichten.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Hinweise darauf, dass Rohmilch gesundheitliche Vorteile hat, etwa im Hinblick auf Allergien, das Immunsystem, die Vielfalt der Darmflora und das allgemeine Wohlbefinden. Genaueres kann man in einem Artikel nachlesen, der kürzlich von drei Agroscope-Mitarbeitenden veröffentlicht wurde: «Rohmilch und Rohmilchprodukte beeinflussen die menschliche Gesundheit – eine Literaturbesprechung».
Rohmilch ist nur drei Tage haltbar. Sie kann zudem ausrahmen, d.h. das enthaltene Fett kann auf der Oberfläche eine Rahmschicht bilden. Apropos Fett: Rohmilch hat einen Fettanteil von 3.9% bis 4.2%, also etwas mehr als eine normale Vollmilch aus dem Supermarkt.
Finanzielle Vorteile für Konsumenten und Bauern
Je nach Anbieter, Produktionsstandard und Haltbarkeitsmethode kostet 1 Liter Vollmilch in Schweizer Supermärkten zwischen CHF 1.20 und CHF 2.10. Milch aus biologischer Landwirtschaft ist teurer als konventionell produzierte Milch, und am teuersten ist in der Regel Milch mit dem Demeter-Label, welche von Kühen mit Hörnern stammen muss und nicht homogenisiert wird.
Im Direktverkauf ab Hof liegt der Preis pro Liter zwischen CHF 1.20 (Rohmilch «IP Suisse») und CHF 1.70 (pasteurisierte, homogenisierte, abgepackte Bio-Milch) – jedenfalls sind dies die Empfehlungen des Schweizer Bauernverbands. Wer Milch direkt vom Hof bezieht, kann also durchaus Geld sparen.
Die Bauern erhalten beim Direktverkauf mindestens doppelt so viel für einen Liter Milch (vgl. Milch-Richtpreise der Branchenorganisation Milch). Allerdings müssen sie damit auch eine Kühlvitrine bzw. einen Milchautomaten inklusive Unterhalt finanzieren. Ob es sich für einen Bauern lohnt, seine Milch direkt ab Hof zu verkaufen, hängt deshalb wesentlich von der Menge ab, die er absetzen kann. Ein gut frequentierter Standort hilft dabei – allenfalls steht der Milchautomat deshalb nicht direkt auf dem Hof, sondern am Strassenrand oder sogar im nächsten Dorf.
Milchautomaten reduzieren Verpackungsabfälle
Bei einem Milchautomaten kann man die Milch wie früher in der Glasflasche oder im «Chesseli» beziehen. Indem man sein eigenes, wiederverwendbares Gefäss mitbringt, reduziert man Verpackungsabfälle. In einer Zeit, in der vielerorts Unverpackt-Läden entstehen, liegen Milchautomaten deshalb voll im Trend.
Wie gut allerdings die gesamte Öko-Bilanz eines solchen Angebots ist, hängt auch noch von anderen Faktoren ab. Wie alle Mehrwegverpackungen müssen auch Milchflaschen gereinigt werden, was Energie verbraucht. Und wenn man mit dem Auto zum Milchautomaten fährt, dann erzeugt man zwar weniger Verpackungsabfall, dafür aber CO2 und andere Schadstoffe – von der Energiebilanz ganz zu schweigen. Wer also die Milch aus ökologischen Gründen direkt vom Bauernhof bezieht, der sollte dies konsequenterweise zu Fuss oder mit dem Velo tun.